Über den freundlichen Umgang mit sich selbst

Die einen verzichten auf Schokolade, die anderen auf Alkohl, die nächsten auf Fleisch – die ganz hartgesottenen gleich auf alles drei. Fasten ist in. Am coolsten aber finde ich Christina, die sagt: „Ich faste ab jetzt doofe Gedanken.“

„Das hätte ich besser machen können.“ „Schon wieder habe ich nicht …. „ „Mensch, war das peinlich!“ „Wieso habe ich bloß.“ „Alle anderen machen das besser als ich.“ Kennen Sie solche Gedanken? Ich kenne sie von mir selbst und in Beratungen bekomme ich sie oft zu hören: Selbstkritik und Selbstanklagen. Als wäre es nicht schon schwierig genug, wenn etwas scheitert, häuft man sich selbst nur allzu oft danach noch glühende Kohlen auf sein Haupt.

Nichts gegen eine konstruktive Auseinandersetzung mit den eigenen Macken. Ich bin ein Fan von Selbsterkenntnis und halte das Leben für einen nicht endenden Lernprozess. Immer wieder muss ich alte Überzeugungen aufgeben und feststellen, dass sich neu organisiert, was ich über das Leben und mich selbst denke. Doch Fakt ist: Je liebevoller ich mit mir selbst bin, desto leichter fällt mir dieser Lernprozess. Denn auf der Basis eines gesunden Selbstbewusstseins fällt es mir erheblich leichter mich dem zu stellen, was man meine Schattenseiten nennen könnte. Je mehr ich mich insgesamt als Person anerkennen kann, desto weniger schmerzlich ist es zu entdecken, was ich an Fehlern und Schwächen habe und gerne ändern würde. Je gefährdeter mein Selbstbewusstsein ist, desto mehr muss ich Kritik von außen oder innen abwehren – denn sie würde mich umhauen.

Wie kommt man zu einem guten Selbstbewusstsein? Wie hört man auf, sich selbst zu kasteien mit Vorwürfen und Anklagen? Unter anderem, indem man einfach aufhört. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber es braucht Wachheit gegenüber den eigenen inneren Selbstgesprächen. Denn der erste Schritt ist schlicht zu merken, wie man mit sich spricht.

Meine Tochter z.B. macht mich stets darauf aufmerksam, wenn ich gedankenverloren sage „Mensch, bin ich blöd …“, weil ich meinen Schlüssel nicht finde. Das kostet mich einen Euro. Ich zahle häufiger und mir wird bewusst, wie oft und beiläufig ich solche Dinge zu mir sage.

Mitunter spüre ich, dass ich nicht gut zu mir bin, wenn der Wind von außen rauh weht. Wenn Kritik kommt, wenn ich mir Sorgen mache, wenn Dinge zu misslingen drohen, wendet sich mein innerer Kritiker gegen mich und fängt an zu wettern. Er will mir wohl – das weiß ich. Er macht sich Sorgen und ich habe früh gelernt, mich selbst anzutreiben. Dass das so ist, ist auch eine Ressource. Noch immer habe ich etwas unternommen und bewegt statt zu resignieren. Aber starke innere Selbstkritik fühlt sich nicht gut an. Ich habe mit der Zeit, gelernt gnädiger mit mir zu sein. Wenn sich herausstellt, dass etwas, was ich gemacht habe, nicht zum erwünschten Ergebnis führt oder jemanden anderen verletzt hat, ist das bedauerlich oder ärgerlich. Aber in der Regel habe ich das, was entstanden ist, nicht gewollt. Im Gegenteil: meine Absichten waren gut. Ich habe das getan, was ich für das Bestmögliche gehalten habe. Sonst hätte ich doch etwas anderes gemacht. Soll ich mich jetzt also verdammen, nur weil die Dinge schief gehen?

Unsere Aufgabe im Erwachsenenalter ist es, uns selbst gut zu begleiten in unserem Tun: konstruktiv mit uns zu sprechen; uns zu loben für Erfolge; uns kritisch aber liebevoll zu beraten, wenn es etwas Neues zu lernen gibt. Je liebevoller wir auf uns selbst schauen können, desto besser gehen wir voran. Damit meine ich nicht kritikloses Abnicken. Wenn Sie jemanden anderen verletzt haben, ist es angemessen, sich zu entschuldigen. Wenn Sie anderen Schaden zugefügt haben, ist es wichtig, darüber nachzudenken, wie Sie wenigstens einen Teil wieder gut machen können. Doch heißt das nicht, dass Sie sich gleichzeitig in Grund und Boden verdammen müssen. Sie können gleichzeitig Verständnis für sich selbst entwickeln. Ich würde sogar weiter gehen und behaupten: Gerade wenn Sie sich selbst dann noch mögen, wenn etwas misslingt, sind Sie viel besser in der Lage, anzuerkennen, dass Sie anderen etwas tun können. Sie müssen dann Fehler und Verletzungen nicht leugnen und schön reden, um überhaupt vor sich selbst bestehen zu können, sondern können den anderen zuhören und aus dem Geschehenen lernen.

Doofe Gedanken fasten heißt Verantwortung zu übernehmen und nicht immer wieder in die gleiche innere Falle zu laufen. Dazu braucht es die innere Entscheidung, den eigenen Gedanken überhaupt erstmal zuzuhören. Sie werden überrascht sein, wie Sie mit sich sprechen. Doofe Gedanken-Fastenzeit bedeutet, aufmerksam zu werden, welche inneren Sätze mir nicht gut tun, obwohl sie mir vertraut sind.

„Das klappt bestimmt nicht“ – nimmt die Energie es zu versuchen.

„Das darf ich nicht“ – nimmt mir die Erlaubnis, etwas zu tun – und dabei könnte ich doch mal überprüfen, woher das Verbot kommt und ob es immer noch gilt.

„Der mag mich nur, weil ….“ – vielleicht mag die Person Sie aus guten Gründen?

„Das passiert nur mir, alle anderen kriegen das besser hin“ – Sie würden staunen, wie viele Menschen solche Sätze denken; Sie sind in guter Gesellschaft.

Welche Sätze sagen Sie zu sich? Sind sie hilfreich, um schwierige Situationen zu bewältigen? Wenn ja, gibt es ja gute Gründe, sie beizubehalten. Aber wenn Sie Ihnen eigentlich nur schaden, könnten Sie überlegen, sie durch neue, bessere zu ersetzen. Das braucht eine Weile. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass man umlernen kann.

Auf was verzichten Sie?

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