Sie stehen in den Startlöchern, sich selbständig zu machen?
Sie sind selbständig und denken über neue Projekte und Geschäftszweige nach?
Sie sind DesignerIn, MusikerIn, AutorIn oder KünstlerIn und Ihr Job ist die Produktion und Gestaltung kreativer Ideen?

Genial oder ein Flop?

Alle, die etwas Neues erschaffen – ob im Bereich Kunst oder Musik, als UnternehmerIn oder als Führungskraft – kennen die innere Frage: Ist das genial, was ich hier tue – oder wird das ein großer Flop?

Bevor wir mit Neuem in die Welt gehen, findet in uns ein innerer Abwägungsprozess statt. Wir versuchen abzuschätzen, ob unser Tun gut ankommen wird. Aus ganz handfesten Gründen, weil wir Geld verdienen wollen mit einer Idee, einen Auftraggeber zufrieden stellen wollen oder weil uns Inhalte am Herzen liegen. Aber auch weil wir etwas von uns hinein geben in ein Werk.

Sie stecken selbst in dem, was Sie in die Welt bringen wollen – sei es ein Theaterstück, Ihre Kunst oder Ihre Selbständigkeit. Sie nehmen etwas von sich, formen es und geben sich hinein in Ihr Tun und Ihr Werk.

Dies ist die Stunde unseres inneren Kritikers. Er hat darauf gewartet, dass sein Urteil gefragt ist. Denn er ist der Bewacher unseres Selbstwertes. Schon seit Kindertagen sammelt er unsere Erfahrungen mit der Grenzlinie zwischen uns und den anderen. In ihm ist unser Wissen darüber gespeichert, was uns in der Vergangenheit Anerkennung und Lob oder Zurückweisung und Beschämung eingetragen hat. Er steht als Wächter vor der Tür neuer Taten, denn er will uns beschützen.

Jeder von uns streckt immer einen Fühler in Richtung Selbstwert, bei all unseren Handlungen. Dort wird abgewogen, welche Konsequenzen unser Tun für unseren Platz in der Gemeinschaft hat. Wir sind als soziale Wesen essentiell davon abhängig, von anderen anerkannt zu werden, denn das sichert uns unser soziales, emotionales und manchmal auch reales Überleben in der Gruppe. Unser innerer Kritiker versucht daher immer im Vorhinein abzuschätzen, ob unser Tun kritisch für unseren Selbstwert ist – oder uns Achtung und Anerkennung einbringen wird.

Sein Urteil fällt er dabei auf der Basis unserer persönlichen Erfahrungen. Er hat sich gemerkt, wie unsere Eltern auf unsere ersten Werke und Lebensäußerungen reagiert haben. Er weiß noch, welche Bewertungen wir in Kindergarten und Schule, bei Hobbys und Freunden bekommen haben. Er hat Grundüberzeugungen ausgebildet, wie heikel es sein kann, sich hervor zu wagen. Das, was wir früher als Reaktionen von außen bekommen haben, hat er gespeichert und trägt er nun selbst vor.

Wie moppelig ist Ihr innerer Kritiker?

Je nachdem, wie freundlich frühere Erfahrungen ausgefallen sind, ist unser innerer Kritiker unterschiedlich groß und unterschiedlich harsch in seinen Bewertungen. Er lässt mehr oder weniger Experimentieren und Fehler zu; je nachdem, wie vernichtend das Urteil anderer in der Vergangenheit über uns ausgefallen ist.

Seine Grundüberzeugung: Bevor wir noch einmal erleben müssen, von AUßEN Beschämung zu erleben, baut ER sich lieber innerlich auf und warnt uns. Er mahnt uns, Verbesserungen vorzunehmen, zweifelt an, ob das überhaupt gelingen kann, was wir uns da vornehmen, und stellt skeptische Fragen.

Manchmal meldet er sich nicht einmal offen, sondern nur geheim und implizit. Er boykottiert und lässt Sie erst gar nicht angehen, was er für heikel hält. Sein Credo: „Ich sehe im Augenblick nicht, dass das überhaupt gelingen kann. Lass das besser“

Die Konsequenz: Sie gehen einfach nicht dran an das, was Sie eigentlich wollen und sollen. Der Text für die neue Webseite wird nicht geschrieben. Das Konzert wird immer wieder hinaus geschoben. Der Businessplan wird nicht verfasst. Das wichtige Telefonat, das Ihnen einen Auftrag einbringen könnte, wird nicht geführt. Sie finden immer wieder Ausreden und andere wichtige Dinge, die unbedingt erledigt werden müssen.

Oder Sie setzen sich dran und es fällt Ihnen gar nichts ein. Leere im Hirn. Keine Ideen. Da will sich nichts Geniales zeigen. …Ist das ein Wunder? Ohne dass Sie es bewusst bemerken, sitzt auf Ihrer Schulter Ihr innerer Kritiker und beäugt alles, was sich hervorwagen könnte. Er kommentiert jeden Gedanken mit: „Das ist Quatsch“ „Nein, so geht das nicht“ „Das reicht nicht“

Wundern Sie sich noch, dass Sie nichts zu Papier bringen?

Was also tun? Sie wollen sich nicht blamieren. Sie brauchen Ihren inneren Kritiker, der auf Sie aufpasst. Ist er aber so moppelig und riesig, dass er gar nichts mehr zulässt, hindert er Sie auch daran, überhaupt etwas hervor zu bringen. Und vielleicht hat er ja auch gar nicht Recht? Vielleicht wertet er geniale Ideen und wunderbare Projekte ab? Wie finden Sie heraus, wie angemessen und berechtigt seine Botschaften sind? Wo sollten Sie wirklich nachbessern? Und wo reicht es längst?

Feedback von außen

Sie können mit anderen Menschen sprechen und sich ein Feedback von außen holen. Die Frage ist dabei: Wer sind geeignete Gesprächspartner für Ihre Fragen?

Sie brauchen einerseits Menschen, die etwas verstehen von dem, was Sie machen wollen, um ein qualifiziertes Urteil zu erhalten. Andererseits brauchen Sie Menschen, die prinzipiell wohlmeinend auf Ihre Absichten und Ihr Werk schauen und nicht Urteile „aus der lamäng“ fällen. Am besten jemand zerbricht sich mit Ihnen IHREN Kopf und ist gleichzeitig unabhängig genug, Sie auf das hinzuweisen, was wirklich noch ungereimt ist. Und am besten geschieht all dies in einer Atmosphäre der Wertschätzung, denn Sie haben ja schon das Problem, dass Ihr Kritiker wachsam und misstrauisch bereit ist und die Sache vielleicht lieber abbläst und klein redet. Kommt jetzt auch noch harsche Kritik von außen, wird er Sie auffordern, das Ganze jetzt aber echt sein zu lassen.

Umgekehrt helfen Ihnen auch keine Menschen, die Ihnen – um des lieben Frieden willens – nur nach dem Munde reden oder die schlicht keine Ahnung haben. Sie zu ermuntern, Ihre innere Kritik zu übergehen, wenn diese angemessen ist, tut Ihnen keinen Gefallen. Wenn Sie wirklich Wesentliches übersehen haben und einfach losgehen, holen Sie sich ein blaues Auge. Das gerade wollen Sie sich ja ersparen.

Oder Ihr innerer Kritiker erkennt, dass das Feedback nicht ehrlich ist und lässt das offenkundig nicht sachkundige Urteil nicht gelten. Dann sind Sie auch keinen Schritt weiter.

Wen fragen Sie?

Die Gemeinschaften, in denen wir uns heute bewegen, sind größer, vielfältiger, bunter und verzweigter geworden als früher. Es gibt deshalb vielleicht nicht mehr EINE Gruppe, deren Urteil für uns wichtig ist, sondern es gibt mehrere, die für uns relevant sein könnten. Diese verschiedenen Gruppen, in denen wir uns bewegen, fällen unter Umständen unterschiedliche Urteile über unser Tun. Wir haben also die Wahl, wem wir innerlich Macht geben, unser Handeln zu bewerten.

Sie haben die Wahl, ob Sie erstmal Menschen ins Vertrauen ziehen, die Sie ermuntern und ermutigen und die Ihnen helfen, Ihre Idee zu formen und aussagekräftiger zu machen. Es geht ja nicht nur darum, dass jemand in Bausch und Bogen alles toll findet, was Sie tun. Sondern was Sie brauchen, ist schlicht das Urteil, dass es sich lohnt, dran zu bleiben und weiter zu machen. Je mehr sich das, was Sie tun wollen, in Ihnen formt, desto stabiler Ihre Vision und Ihr eigenes Zutrauen in Ihr Projekt wird, desto mehr Kritik von außen halten Sie auch aus – und desto geringer wird die innere Kritik.

Toll ist es, wenn Sie Zustimmung und Lob ernten. Das beruhigt Ihren inneren Kritiker enorm. Er wird sich entspannen und Sie mehr machen lassen.

Konstruktiv ist es aber auch, wenn Sie hören: Ja, da ist Vieles gut. Eine tolle Idee. Und an dem und dem würde ich noch arbeiten.

Fragen Sie also niemanden, können Sie sicher sein, dass Sie niemand kritisiert  Sie bringen sich aber auch um diese wunderbaren Möglichkeiten des weiteren Wachsens.

Wie stellen Sie Ihr Projekt dar?

Eine Herausforderung gilt es noch zu meistern. Jetzt wird es verzwickt. Unser innerer Kritiker steuert nämlich häufig, ohne dass uns das bewusst ist, die Art und Weise, WIE wir uns Feedback holen und von wem. Ist er noch lauter als die Teile in uns, die Ja sagen, wird er in der Außendarstellung vorlaut. Das hört sich dann in etwa so an: „Sag mal, das ist wahrscheinlich Quatsch, was ich da vorhabe, oder?“ Oder Sie sind einfach noch nicht enthusiastisch und überzeugend, sondern vorsichtig und reserviert. Das Positive Ihrer Idee ist noch kaum erkennbar, aber die Zweifel präsent. Sie laden Ihr Gegenüber also quasi ein, mit den kritischen Seiten in Resonanz zu gehen. Heimlich wünschen Sie sich, dass Ihr Gegenüber Ihnen widerspricht. Dieser muss schon aber ein sehr fitter Gesprächspartner sein, um sich Ihrer  – negativen – Überzeugungskraft zu entziehen. Oder Ihrer Unsicherheit.

Die meisten Gesprächspartner reagieren leider auf das, was Sie senden. Skepsis, Unsicherheit, mangelnde Überzeugtheit. Und formulieren nun ihrerseits Skepsis, Unsicherheit und mangelnde Überzeugtheit. Wasser auf die Mühlen Ihres inneren Kritikers. „Siehste!“ ruft er „Hab ich doch gewusst.“

Eine weitere Möglichkeit, selbst ungewollt für Negativ-Feedback zu sorgen ist, Leute in Ihrem Umfeld, die eigentlich dafür bekannt sind, dass sie neuen Ideen gegenüber immer skeptisch reagieren und stets das Haar in der Suppe finden. Welch Wunder, dass Sie auch diesmal eine Breitseite Kritik zu hören bekommen. Das hat dann weniger etwas mit der Güte Ihrer Pläne zu tun, als damit, dass es Menschen gibt, die sicherheitsorientiert sind oder generell Künstlern, Gründungen und dergleichen gegenüber skeptisch eingestellt sind.

Was haben Sie bewiesen? Nicht, dass Ihre Idee Quatsch ist. Sondern dass Sie selbst noch nicht überzeugt und damit überzeugend sind.

(Kleine) Risiken sind notwendig

Ohne Risiko geht es nicht. Allein mit einem anderen über eine neue Idee zu sprechen, kann sich ganz schön heikel anfühlen. Wer das Risiko scheut, überhaupt etwas zu formulieren, blockiert sich leider komplett selbst. Es braucht den Schritt, etwas zu Papier zu bringen, zu gestalten und zu formen, Unter Umständen kleine Schritte. Die Kunst ist es, Schritte zu finden, die noch so sicher sind, dass Sie sie gerade eben machen können. Hauptsache, Sie bleiben nicht stehen.

Ja, Sie machen sich angreifbar, indem Sie etwas nach außen tragen. Denn in dem, was sie hervor bringen, stecken Sie auch selbst. Es sind Ihre Gedanken und Ideen, Ihre Vision und Ihre Überzeugungen, die sich ausdrücken. Kritik, die Ihren Handlungen gilt, trifft damit potentiell auch Sie selbst.

Gelingt es Ihnen jedoch, Sache und Werk ein wenig zu trennen, wird alles leichter – nicht Sie stehen dann im Focus, sondern Sie suchen Rückmeldungen zu dem, was Sie tun wollen. Ihr Selbstwert ist dann weniger gefährdet, wenn ein anderer nicht direkt begeistert reagiert.

Die Kunst, Ihren inneren Kritiker einzubinden, besteht darin, ihn zu hören und ihm gleichzeitig nicht die Macht zu geben, Sie zu blockieren. Formen Sie Ihr Werk, arbeiten Sie daran, formulieren Sie es – und holen Sie sich gutes, konstruktives und wertschätzendes Feedback von außen, um es noch besser zu machen